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Toleranzabzug bei Geschwindigkeitsüber­schreitung – was muss ich wissen?

Wie schnell bin ich tatsächlich gefahren? Wie viele km/h war ich über dem Tempolimit? Welche Konsequenzen erwarten mich jetzt? Muss ich „nur“ mit einem Bußgeld oder sogar mit Punkten in Flensburg rechnen? Oder lag ich innerhalb des sogenannten Toleranzabzugs? Doch was ist dieser Toleranzabzug genau und wie kann man ihn berechnen? Wir klären Sie auf.

Wie hoch ist der Toleranzabzug bei Geschwindigkeitsüber­schreitungen?

Zunächst einmal die schlechte oder eventuell auch gute Nachricht: Der Toleranzabzug gilt gleichermaßen für innerorts wie auch für außerorts.

  • Egal ob Sie also auf der Autobahn oder Landstraße oder aber auch im Stadtverkehr geblitzt wurden: Der Toleranzwert bleibt im Verhältnis zur gefahrenen Geschwindigkeit immer derselbe.

Eine Unterscheidung gibt es jedoch und die richtet sich danach, wie schnell Sie unterwegs waren.

Toleranzabzug für Tempoüberschreitungen mit einer Geschwindigkeit bis 100 km/h:

Fahren Sie mit einem Tempo von bis zu 100 km/h und werden aufgrund einer Überschreitung der erlaubten Geschwindigkeit dabei geblitzt, beträgt der Toleranzabzug des gemessenen Wertes 3 km/h.

Alles, was Sie nach diesem Abzug zu schnell unterwegs waren, wird entsprechend des Bußgeldkatalogs und abhängig davon, wo Sie unterwegs sind, geahndet.

Toleranzabzug für Tempoüberschreitungen mit einer Geschwindigkeit von über 100 km/h:

Sind Sie mit über 100 km/h unterwegs, kommt ein Toleranzabzug von  3 % der gemessenen Geschwindigkeit zur Anwendung und damit ein höherer Toleranzwert.

Kommt in beiden Berechnungsmodellen beim Abzug des Toleranzwerts eine Dezimalzahl heraus, wird auf die nächste ganze Zahl aufgerundet. Genauso spielt es eine Rolle, unter welchen Sicht- und Lichtverhältnissen Sie geblitzt wurden. Geschieht dies nämlich nachts und außerorts, kommen höhere Toleranz­werte, maximal jedoch 5 % der gefahrenen Geschwindigkeit, zum Tragen.

Der Toleranzwert ist daher nie wirklich ein einheitlicher. Das gilt auch, weil die verwendeten Messgeräte und Messverfahren entsprechend genauer oder eben ungenauer bei ihren Messungen sind.

Handelt es sich beispielsweise um nicht geeichte Geräte, die beim so genannten Police-Pilot-Verfahren – also dem Messen der Geschwindigkeit aus einem stehenden oder auch fahrenden Polizei­fahrzeug –  zum Einsatz kommen, beträgt der Toleranzabzug gar 20 %.

Letztlich setzt die Physikalisch-Technische Bundesanstalt den Wert für den Toleranz­abzug fest und bestimmt zudem, welche Radar­messgeräte sie überhaupt zum Einsatz zulässt.

Im Falle eines Gerichtsverfahrens entscheidet letztlich der Richter über den Toleranzwert.

Beispiele: Toleranzabzug innerhalb geschlossener Ortschaften (innerorts)

Sie werden innerhalb einer Ortschaft mit 63 km/h geblitzt. Der Toleranzabzug beträgt 3 km/h Die zulässige  Geschwindigkeit liegt bei 50 km/h. Folgerichtig ergibt sich nach Abzug des Toleranzwertes eine Überschreitung des Tempolimits um 10 km/h. Laut Bußgeldkatalog fiele dies unter die Kategorie „bis 10 km/h zu schnell“ und würde im günstigsten Fall als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von 15 Euro geahndet.

Beispiele: Toleranzabzug außerhalb geschlossener Ortschaften (außerorts)

Sie werden auf einer Landstraße mit 130 km/h geblitzt. Der Toleranzabzug beträgt in diesem Fall 3 % der gemessenen Geschwindigkeit, mit anschließender Aufrundung auf die nächste ganze Zahl. Daraus ergäbe sich folglich ein Toleranzabzug von 4 km/h bzw. 126 km/h gefahrene Geschwindigkeit. Da die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei  100 km/h liegt, hat man diese nach Abzug des Toleranzwertes um 26 km/h überschritten. Die Folgen: 80 Euro Bußgeld, ein Punkt in Flensburg und ein Monat Fahrverbot.

Warum gibt es eigentlich einen Toleranzabzug?

Blitzgeräte sind nicht perfekt. So ergeben sich bei standardisierten Messverfahren und bei jedem gemessenen Geschwindigkeitsvergehen immer wieder Zweifel an der Richtigkeit der Werte. Gleichzeitig werden damit auch entsprechende Bußgeld-Bescheide in Zweifel gezogen. Hat der Blitzer wirklich korrekt gemessen? Schließlich kann es in Einzelfällen auf nur wenige km/h ankommen, wenn es um Bußgelder, Punkte und Fahrverbote geht.

Um zumindest in einem gewissen Rahmen Fehlmessungen von vorneherein und für alle in gleichem Maße zu berücksichtigen, kommt hier der sogenannte Toleranzabzug zum Tragen.

Wie funktioniert der Toleranzabzug?

Nach jedem Geschwindigkeitsverstoß wird von der gemessenen Geschwindigkeit ein definierter Toleranzwert abgezogen. Das geschieht entweder sofort oder nachträglich. Der Sinn dieses Abzugs ist es, eventuelle Messfehler zu kompensieren, da es immer zu Ungenauigkeiten bei einer Messung kommen kann, entweder durch das Messgerät oder durch Fehler des Bedienungspersonals.

Wussten Sie schon…?

Welche Faktoren haben Einfluss auf den Wert des Toleranzabzugs?

Es gibt unterschiedliche Parameter, die in Sachen Toleranzabzug und Festsetzung des genauen Toleranzwertes mit einfließen:

  • Das eingesetzte Messverfahren
  • Nachtfahrt oder schlechte Sichtverhältnisse
  • Messwert ist durch eine Nach-Fahrt der Polizei entstanden (dann werden höhere Fehlertoleranzen angesetzt)
  • Die Wegtoleranz muss immer beachtet werden. Das heißt, Geschwindigkeitsmessungen dürfen erst in einem Abstand von 150 bis 200 Meter von einer Geschwindigkeitsbeschränkung (z.B. Verkehrszeichen) durchgeführt werden.
  • Es gibt immer unterschiedliche Toleranzwerte für innerorts, außerorts und auf Autobahnen

Aufgrund dieser vielen Faktoren sollten, wenn es geblitzt hat, zunächst der konkrete Bußgeldbescheid abgewartet werden. Denn hier ist der Toleranzwert bereits abgezogen und entsprechend ersichtlich gemacht. Alles andere Überlegungen und Berechnungen, die im Vorfeld und in Eigenregie vorgenommen werden, sind reine Spekulationen.

Tachowert ist nicht gleich Messwert

Die Werte auf Ihrem Tacho sind in erster Linie Richtwerte und damit nicht geeignet, um sich eigenständig Ihren Toleranzwert auszurechnen. Tachos zeigen aus Sicherheitsgründen zwar nie einen Wert an, der unter der wirklich gefahrenen Geschwindigkeit liegt, und doch sind sie in der Regel etwas ungenau und können in keinem Fall zu einer eventuell auch vor Gericht nutzbaren Argumentation verwendet werden.

  • Was in Sachen Toleranzwert wirklich zählt, ist der tatsächliche Messwert. Er nämlich ist die einzig valide Grundlage für den Toleranzabzug.

Video: Blitzer: Fehlerfreie Tempomessung?

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Weitere Fragen & Antworten

Es gibt auch einen Toleranzabzug bei Rotlichtverstößen. Hier erfolgt bei der Zeitmessung der Überwachungsanlage für die Dauer der Rotlichtphase bis zum Überfahren der Haltlinie ein Abzug von zwischen 0,1 und 0,3 Sekunden.

Blitzer und alle Geräte, die von Menschen bedient werden, können auch Fehler machen. Da die Erstellung eines Gutachtens allerdings sehr aufwendig ist und Geld kostet, sollte man vorher Kosten und Nutzen abwägen und den Einspruch auch nur in Betracht ziehen, wenn man sich seiner Sache sicher ist. Sofern Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, ist es ratsam, im Vorfeld die Kosten und Erfolgsaussichten mit Ihrer Rechtsschutzversicherung zu klären. Die Anwälte Ihrer Rechtsschutzversicherung können das sehr gut einschätzen und Sie vor unnötigen Kosten bewahren.

Ansonsten lohnt sich der Gang zu einem Verkehrsanwalt, welcher die Chancen für eine gerichtliche Anfechtung gut abschätzen kann.

Zusammenfassung – das Wichtigste in Kürze

  1. Der Toleranzabzug ist kein einheitlicher Wert, sondern variiert entsprechend, ob man innerorts oder außerorts geblitzt wurde, welche Messgeräte zum Einsatz kamen und unter welchen Licht- und Sichtverhältnissen geblitzt wurde.
  2. Der Tachowert entspricht keineswegs dem Messwert und sollte insofern auch nicht dazu genutzt werden, den Toleranzwert eigenständig auszurechnen.
  3. Auch bei Rotverstößen gilt ein Toleranzabzug, hier jedoch in Bezug auf die Zeitmessung der Ampelblitzer.
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