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Geblitzt „bei Nässe“ – Wann ist die Straße eigentlich nass?

Die Kombination aus den Verkehrszeichen „zulässige Höchstgeschwindigkeit „ und dem Zusatzzeichen „bei Nässe“ sorgt bei vielen Autofahrern für eine Menge Ärger und wirft die grundsätzliche Frage auf: Wann ist eine Straße eigentlich nass? Erfahren Sie hier, wann sich ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid bei einem Blitzer bei Nässe lohnt.

Die Frage, wann die Straße nass ist, hat schon viele deutsche Gerichte beschäftigt. Vorausgegangen waren hohe Strafen lt. Bußgeldkatalog und in der Folge teure Bußgeldbescheide von der Straßenverkehrsbehörde wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei nasser Fahrbahn. Die vermeintlichen Verkehrssünder sahen, dass in ihren Fällen durchaus anders und legten Widerspruch ein – oftmals um ein mit dem Bußgeld einhergehenden Fahrverbot oder gar einen Führerscheinentzug abzuwenden.

Die Klärung der Frage, ob die Straße nass war, kann für den Betroffenen also großen Ärger abwenden. Deshalb wurde sie bereits 1979 in der höchsten gerichtlichen Instanz entschieden.

Das ist die Rechtslage

Der Gesetzgeber stellt an Aquaplaning gefährdeten Straßenabschnitten Tempolimit-Schilder mit dem Verkehrszusatzzeichen bei Nässe auf. Das ist durchaus sinnvoll, denn es dient der Verkehrssicherheit.

Nicht selten werden an solchen Strecken (meistens auf der Autobahn) Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt und geblitzt. Betroffene erhalten dann einen Bußgeldbescheid, der sich auf folgende Paragraphen bezieht:

  • § 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG (begangene Ordnungswidrigkeit)
  • § 41 StVO, Anlage 2, Nr. 49 und 49.1 (bezogen auf Verkehrszeichen 274 zulässige Höchstgeschwindigkeit mit Zusatzzeichen 1052-36 „bei Nässe“)

Der Begriff Nässe ist in der StVO zwar nicht genau definiert, es gibt jedoch ein verbindliches gerichtliches Urteil dazu:

Nässe auf der Fahrbahn liegt nach Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.12.1979 (BGHSt 27, 318 = NJW 1978, 652) dann vor, wenn die gesamte Fahrbahn mit einem Wasserfilm überzogen ist und beim Überfahren Wasser aufgewirbelt (Gischt erzeugt) wird. Wenn die Straße nur feucht ist, gilt das angezeigte Tempolimit nicht.

Wenn Sie bei Nässe geblitzt wurden und gegen einen erteilten Bußgeldbescheid Einspruch einlegen wollen, raten wir Ihnen, sich vorab des Einspruchs mit einem Anwalt für Verkehrsrecht in Verbindung zu setzen.

Video: Gesetzeslage Tempoverstoß bei Nässe

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Wann lohnt ein Einspruch?

War der Bereich, in dem Sie geblitzt worden,

  1. nicht mit einem Wasserfilm bedeckt (stehendes Wasser) und / oder
  2. gar nicht Aquaplaning gefährdet (keine Spurrillen, etc.)

kann sich ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid lohnen.

Hinweis: Bei Bußgeldeinspruch sollten Sie in beiden Fällen einen Anwalt zu Rate ziehen. Aufgrund der möglichen anfallenden Kosten ist eine Rechtsschutzversicherung empfehlenswert!

Im 1. Fall können Betroffene meistens nicht nachweisen, dass die Straße nicht nass war. In aller Regel existieren jedoch Videoaufnahmen der Straßenverkehrsbehörde bzw. der Polizei. Einsicht in die Videoaufnahmen wird Privatpersonen jedoch meistens verweigert und die Einsicht muss von einem Anwalt beantragt werden.

Dadurch entstehen Kosten, die je nach Bußgeldbescheid (z.B. bei Fahrverbot) schnell ein paar Hundert Euro betragen können. Hier müssen Betroffene abwägen. Bei Verurteilung trägt der Kläger die Kosten, bei Freispruch oder Verfahrenseinstellung der Staat. Im Fall einer Rechtsschutzversicherung sind die Kosten abgedeckt (abzüglich einer möglichen Selbstbeteiligung).

Sollte zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich ein Wasserfilm auf der Fahrbahn gewesen sein, kann der Einspruch vom Anwalt noch zurückgenommen werden.
Im 2. Fall muss ein Sachverständigengutachten beauftragt werden. Dieser Aufwand lohnt sich jedoch nur bei absolut berechtigten Zweifeln. An fast allen Fällen sind die Verkehrszeichen Tempolimit bei Nässe aus gutem Grund aufgestellt.

Wussten Sie schon…?

Geblitzt mit 120 km/h bei „80 bei Nässe“

Wird man von einem Blitzer bei Nässe geblitzt, gilt die angezeigte Geschwindigkeitsbegrenzung bei Nässe – auf Autobahnen sind das meistens 80 km/h. Die Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Tempoverstoß kann in solchen Fällen beträchtlich sein.

Sind Sie zum Beispiel auf nasser Fahrbahn mit 120 km/h statt der erlaubten 80 km/h unterwegs, sind Sie satte 40 km/h zu schnell. Das bedeutet 300 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg und 1 Monat Fahrverbot.

130 km/h bei Nässe erlaubten 80 km/h

Bei 130 km/h müssen Sie Ihren Führerschein für einen Monat abgeben. Zusätzlich müssen Sie 320 Euro Bußgeld zahlen und erhalten 2 Punkte in Flensburg.

Wann kann ich wieder schneller fahren?

Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Überholverbote sind Streckenverbote und gelten für bestimmte Strecken.

Das Ende des Verbots von Verkehrszeichen 274 (Tempolimit) wird durch Verkehrszeichen 278 (Ende des Tempolimits; durchgestrichene Zahl) angezeigt. Auf unserer Seite Verkehrszeichen finden Sie weiterführende Informationen dazu.

Im Fall eines Zusatzzeichens, wie zum Beispiel dem Schild „bei Nässe“, endet die Geschwindigkeitsbegrenzung, wenn die Fahrbahn nicht mehr nass ist.

Sofern es keine weiteren Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der Strecke gibt gelten die üblichen Höchstgeschwindigkeiten (100 km/h auf der Bundesstraße, kein Tempolimit auf der Autobahn, usw.)

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